Im September wurde in Brandenburg und in Sachsen gewählt und auch YouTube wurde zu Wahlkampfzwecken genutzt – jedoch ohne eine bedeutende Rolle gespielt zu haben. Dennoch waren einige Trends zu beobachten (hier geht es zu einer Analyse des Online-Wahlkampfes auf YouTube).
Kommenden Sonntag (27. Oktober) wird nun auch in Thüringen gewählt. Schon jetzt ist absehbar, dass die Koalitionsverhandlungen schwierig werden (hier kann basierend auf der Sonntagsumfrage vom 17. Oktober verschiedene Koalitionsoptionen durchgespielt werden). An dieser Stelle widmen wir uns wieder dem Wahlkampf, kreativen Ideen oder Bewehrten auf YouTube.
Verzeichnis
YouTube-Wahlkampf in Thüringen
Die Linke hat seit September 29 Videos veröffentlicht und 25.000 Aufrufe erzeugt. Das ist nicht besonders viel. Jedoch schaffte es die Partei so, ihre Abonnentenanzahl um mehr als ein drittel zu steigern.
Keines der veröffentlichten Videos hat größere Aufrufzahlen erreicht. Dennoch sind einige interessante Ideen umgesetzt worden. Neben einer Reihe Kurzinterviews von Direktkandidatinnen und Kandidaten und den typischen Wahlwerbespots wurde auf dem Profil eine handvoll Monologe von Bodo Ramelow vor Wahlplakaten veröffentlicht. Erwähnenswert sind jedoch eine Reihe Videos, in der Ramelow im Stiele von typischen YouTubern und mit viel Ironie Stellung zu Katzen, Candycrush, Bundesrat oder Giveaway von Parteien bezieht. Auch ein Outtake Video ist dabei. In diesen Videos sind zudem Anspielungen zu Jan Böhmermann, Rezo und Philipp Amthor zu entdecken. Bedauerlicherweise fehlt diesen Videos jedoch inhaltliche Tiefe und sind eher als Gag zu verstehen. Am Ende jedes Videos wird der Satz „Ok, ich hab es versucht. Vielleicht überlasse ich YouTube doch lieber den Profis“ eingeblendet.
Seit September hat die Thüringer Union acht Videos veröffentlicht und damit ihre relativen Aufrufzahlen um mehr als 40 Prozent steigern können.
Neben dem Wahlspot zur Landtagswahl mit über 56.000 Aufrufen sind eine Reihe Veranstaltungsmitschnitte vom Wandern, vom Landesparteitag in Geisa oder von einem Erntedankfest veröffentlicht. Diese Videos liefern jedoch nur wenig Inhaltliches und weisen Aufrufzahlen im gerade einmal zweistelligen Bereich auf. Als spezielles Onlineformat existieren drei Videos mit dem Titel „#BodoKneift“. Diese sind im 1:1 Format (auch Instagram-Format genannt) und zeigen nach einem unschmeichelhaften Mem vom Ramelow bildfüllend das Gesicht von Mike Mohring. Thematisch arbeiten sich die Videos an Aussagen Ramelows ab. Dem aktuellen thüringische Ministerpräsidenten werden Aussagen zur Nationalhymne, sein Problem mit dem Wort „Unrechtsstaat“ im Zusammenhang mit der DDR und Pläne zum Thema Windkraftanlagen vorgeworfen. Mohring lässt dabei den jeweiligen Kontext unerwähnt. Dass Ramelow beim Hören der Nationalhymne sich an Naziaufmärsche zwischen 1933 und 1945 erinnert fühlt und dass das Wort „Unrechtsstaat“ in der Regel mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht und an dieser Stelle eine Verharmlosung befürchtet wird, erfährt der Zuschauer nicht. Insgesamt weisen gleich mehrere der Videos der CDU Thüringen solche ‚Negative Campaigning‘-Elemente auf.
Die AfD hat im Beobachtungszeitraum sechs Videos veröffentlicht und in der Zeit gerade einmal 9.000 zusätzliche Aufrufe verzeichnen können.
Neben zwei sehr emotionalen Wahlwerbespots wurde auch ein Radiowerbespot als Zweitverwertung veröffentlicht, der im Stiele eines Erklärvideos bebildert wurde. Dieser Spot thematisiert die Bildungspolitik, spart aber auch nicht an typischen neu-rechten Buzzwords wie ‚Frühsexulaisierung‘, ‚Identitätsvergessen‘ und ‚grün-rote Ideologie‘. Auf dem Kanal wird zudem das eigene Wahlprogramm als Erdklärvideo präsentiert.
Der ursprüngliche Kanal des Landesverbandes der Grünen in Thüringen ist verweist. Das letzte Video wurde vor fünf Jahren veröffentlicht. Jedoch wurde vor drei Wochen auf einem neuen Kanal der Partei das erste Video veröffentlicht.
Bei diesem ersten Video handelt es sich um den Wahlwerbespot zur Landtagswahl. Es folgte ein nur wenige Sekunden langer Clip, in welchem Höcke als Faschist bezeichnet und danach zur Briefwahl aufgerufen wird. Vergangenes Wochenende wurde dann noch ein Veranstaltungstrailer veröffentlicht, der jedoch keine inhaltliche Aussage trifft. Trotz allem weisen mit Ausnahme des Veranstaltungstrailers der Videos Aufrufe im mittleren fünfstelligen Bereich auf.
Die SPD in Thüringen hat nur zwei Videos veröffentlicht – bei beiden handelt es sich um klassische Wahlspots zur Landtagswahl. Der Landesverband der FDP Thüringen verfügt über kein eigenes YouTube Profil.
Schlussfolgerungen
Der Trend, der nach der Europawahl und den Landtagswahlen in Sachsen und in Brandenburg in Ansätzen zu beobachten war, setzt sich in Thüringen nicht fort. Die SPD hat YouTube faktisch nicht für den Wahlkampf genutzt – die Thüringer FDP nicht einmal einen eigenen Kanal. Auch die Grünen sind erst wenige Wochen vor dem Wahltermin mit einen neuen Kanal zu YouTube zurückgekehrt, ohne diesen wirklich zu nutzen.
Nur wenige Ideen sind daher erwähnenswert:
- Die Linke veröffentlichte einige Videos, in denen sich Bodo Ramelow im Stile vieler YouTuber präsentierte. Diese Videos waren dabei eher als Gag gedacht und inhaltlich wurde wenige vermittelt. Hier stellt sich die Frage, ob ein ähnliches Setting mit klareren Botschaften oder Personalisierungsstrategien erfolgversprechender wäre. Natürlich ist das auch eine Typsache, aber warum nicht beispielsweise ein ernsthafteres Unboxing? Der sozialdemokratische Europaabgeordnete Tiemo Wölken kann hier als Vorbild herhalten.
- Die AfD hat zwei Erdklärvideos veröffentlicht. Als Idee nicht neu hat sich dieses Format in der politischen Kommunikation jedoch bewährt.
- Unter dem Titel #BodoKneift veröffentlichte die CDU einige Videos, die im 1:1 „Instagram-Format“ geschnitten wurden. Bedauerlicherweise wird hier auf das Mittel des ‚Negative Campaining‘ zurück gegriffen, was einen negativen Eindruck hinterlässt.
- Die von der CDU aufwendig gedrehten Veranstaltungsmitschnitte (teilweise mit Drohne) sind in der Präsentationsart leider verschenkte Mühe. Bei solchem Material bietet sich eine Art von Vlog an.
Zusammenfassung
Der auf YouTube ausgetragene Wahlkampf in Thüringen ist eher bescheiden. Das mag auch damit in Zusammenhang stehen, dass in Thüringen etwa nur halb so viele Menschen zur Wahl aufgerufen sind, wie beispielsweise vor zwei Monaten in Sachsen. Trotzdem waren vereinzelt interessante Ideen zu beobachten, deren Potenzial aber bei weitem nicht genutzt wurde.
Anmerkungen
Die Daten wurden von YouTube zur Verfügung gestellt. Per YouTube-API wurden diese Daten einmal täglich abgefragt und in einer Datenbank gespeichert. Aus den Daten ist nicht ersichtlich, ob die Aufrufe organisch oder per Targeting zustande gekommen sind. Thematisiert wurden hier die Kanäle der Bundes- bzw. Landesparteien. Die Fraktions-Profile wurden dabei nicht berücksichtigt.
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