YouTube und die Landtagswahlen in Hessen und in Bayern

Am vergangenen Sonntag waren fast 14 Millionen Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben – davon etwa 9,4 in Bayern und 4,3 in Hessen. Auch dieses Mal betrachten wir an dieser Stelle wieder den Wahlkampf auf YouTube. 

YouTube und die Landtagswahlen in Hessen

Die hessische Union ist nach den vorläufigen Ergebnissen wieder stärkste Kraft im Landtag geworden. Auf YouTube veröffentlichte die Partei während des Wahlkampfes vier Videos. Besonders viel Interaktion konnte der Kanal dabei aber nicht verbuchen. Nur etwa 2.000 Aufrufe wurden erreicht. Bei den Videos handelte es sich um zwei aufgezeichnete Reden, ein Grußwort und einen gewöhnlichen Wahlwerbespot, in welchem das neue und umstrittene Partei-Türkis prominent eingesetzt wurde.

Deutlich mehr Aktivität gab es auf dem Kanal der SPD. Die Aufrufzahlen stiegen hier von unter 15.000 auf circa 650.000 Aufrufe. Das kritisierte Video, in dem vor einer möglichen Zusammenarbeit von CDU und AfD gewarnt wurde und das von einigen als “Schmähvideo” bezeichnet wurde, ist auf dem Kanal nicht zu finden. 

Mit etwa 485.000 Aufrufen ist ein 15 Sekunden Clip, in dem Nancy Faeser zur Wahl aufruft, am erfolgreichsten. Das Werbebudget kann dabei hier eingesehen werden. Bei den anderen Videos handelt es sich um gewöhnliche Wahlwerbespots und um einen Veranstaltungsmitschnitt. 

Die hessischen Grünen haben in den vergangenen Wochen eine ganze Reihe an Videos veröffentlicht und damit etwa 140.000 Aufrufe generiert. Anders als CDU und SPD wurde YouTube bereits bei den Wahlen 2018 genutzt, als ähnliche Aufrufzahlen im Wahlkampf erreicht wurden. 

Ein interessantes Format dieses Jahr war “11 Gründe für GRÜN”. In den Videos wurde in jeweils unter einer Minute ein Aspekt herausgegriffen und eigene Positionen von Tarek Al-Wazir und Angela Dorn präsentiert. Zu den Themen zählten dabei die Kinderbetreuung, der ökologische Umbau der Wirtschaft, Fachkräftemangel, öffentlicher Nahverkehr, Schutz der Wälder, eine Justiz- und eine Bildungsreform. Dabei werden tatsächlich ganz konkrete Vorhaben benannt. Die Videos haben von wenigen hundert bis zu 50.000 Aufrufe. Die Werbemaßnahmen sind hier einzusehen. Ansonsten sind noch Ausschnitte aus einem Triell, einige Shorts und ein offizieller Wahlwerbespot veröffentlicht worden. Was dabei auffällt: Fast keines der Videos ist länger als eine Minute. 

Obwohl die Linke schon vor der Veröffentlichung der Wahlergebnisse damit rechnen musste, im kommenden Landtag nicht vertreten zu sein, sind doch einige Wahlkampfbemühungen auf YouTube zu erkennen. In den vergangenen Wochen wurden etwa 350.000 Aufrufe generiert. Im Wahlkampf 2018 waren es noch rund 115.000. Ähnlich den hessischen Grünen sind viele der Videos unter einer Minute lang. Der erfolgreichste Clip kommt auf rund 90.000 Aufrufe. Zahlen zu den beworbenen Videos sind hier zu finden. 

In den kurzen Beiträgen geht es etwa um erneuerbare und bezahlbare Energie, Gesundheitsversorgung auf dem Land, Bildung, Armut und bezahlbare Mieten. Sämtliche dieser Clips enden mit den Worten: “Und zeigt Rassismus die rote Karte”. In den etwas längeren Videos kommen Personen auf unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft zu Wort: Gewerkschafter, eine alleinerziehende Mutter, ein ehemaliger Obdachloser, eine ehemalige Grüne, die nun bei der Linken aktiv ist und ein Kurzporträt der beiden Spitzenkandidaten Elisabeth Kula und Jan Schalauske. Daneben gab es noch zwei normale Wahlwerbespots. 

Die FDP in Hessen hat gerade einmal drei Videos veröffentlicht: jeweils ein Video zum Wahlkampfauftakt und -abschluss, sowie einen normalen Wahlwerbespot. Gemeinsam erreichen die Videos weniger als 2.000 Aufrufe. 

Die hessische AfD konnte im Wahlkampf circa eine Millionen generieren. Bei den Videos handelt es sich um eine Rückschau auf den Wahlkampf, diverse aufgezeichnete Reden, ein Video, welches die Themen Inflation, Migration, Energiewende und “grüne Politik” anspricht und aus Redebeiträgen erstellte Shorts. Auch sind Livemitschnitte auf dem Kanal zu finden.

YouTube und die Landtagswahlen in Bayern

Die CSU erreichte mit ihren Videos im bayerischen Wahlkampf etwa 1,1 Millionen Aufrufe. 2018 waren es noch circa 1,4 Millionen. Bei den Videos handelt es sich um gleich mehrere “Kinderinterviews” mit Söder, einen Veranstalltungstrailer von der Wahl von Söder zum Parteivorsitzenden und jede Menge Livemitschnitte. Fast sämtliche Videoaufrufe entfallen jedoch auf einen normalen Wahlwerbespot. Die Werbemaßnahmen können dabei hier eingesehen werden. 

Die bayerische SPD erreichte im Wahlkampf weniger als 10.000 Aufrufe. Bei den veröffentlichten Videos handelte es sich um eine Liveaufnahme, einen kurzen Clip, in dem „Hier regiert die SPD”-Sticker auf Ortsschilder geklebt werden, und um ein Video, in dem ein Bierglas im Mittelpunkt steht und eine Stimme aus dem Off die Regierung aus CSU und Freien Wähler kritisiert. 

Die bayerische FDP erreichte circa 150.000 Aufrufe. Neben Shorts und aufgezeichneten Reden, gibt es noch einen Ausschnitt aus dem BR, in dem sich Martin Hagen an die Zuschauenden wendet, und eine Rede von Martin Hagen aus dem Bayerischen Landtag, in dem er die Antisemitismusdebatte rund um Aiwanger aufgreift. Mit 133.000 Aufrufen am häufigsten aufgerufen wurde ein 38-sekündiger Clip, in dem unter anderem die Grünen als “Verbotspartei” angeprangert werden. Auch in diesem Video ist Martin Hagen omnipräsent. Welches Video wie beworben wurde, kann hier nachgeschaut werden.

Ähnlich wie die Freien Wähler veröffentlichte auch die Linke in Bayern ein Erklärvideo über das Wahlsystem. Zudem gibt es noch ein Video über die Zustände in bayerischen Krankenhäusern und einen normalen Wahlwerbespot. Die Videos kommen zusammen auf knapp über 2.000 Aufrufe.

Die AfD in Bayern veröffentlicht bereits seit Januar 2023 kontinuierlich Videos und konnte in diesem Zeitraum die Aufrufzahlen von knapp über 800.000 auf über 5.200.000 mehr als versechsfachen. Fast sämtliche Videos sind dabei aufgezeichnete Redebeiträge oder aus Redebeiträgen erstellte Shorts. Wie fast alle Parteien nutzte auch die bayerische AfD die Livefunktion von YouTube. Auch wurde wieder auf das der AfD typische Format “Das Wahlprogramm in 90 Sekunden” zurückgegriffen, in dem es um Energiepolitik, Abschiebungen von ausreisepflichtigen “Ausländern”, einer deutschen Leitkultur, gegen “Grüne Verbote” und Vorgaben aus Brüssel, eine Aufarbeitung der Coronapandemie, leistbaren Wohnraum und um eine Anspielung auf die antisemitische Verschwörungserzählung des Great Resets geht. Beim Exportieren des Videos scheint jedoch etwas schiefgelaufen zu sein. Das Video ist durchgängig am Flimmern und grafische Elemente zucken über das Bild, anstatt dass diese sich flüssig bewegen.

Schlussfolgerungen

Sowohl in Hessen als auch in Bayern wurde YouTube vor allem für das Streamen von Veranstaltungen genutzt. Mit guten Ideen aufgefallen sind die Freien Wähler mit einem Erklärvideo, welches einen tatsächlichen Mehrwert bietet, und die hessischen Linken, die Menschen aus der Gesellschaft reportageartige zu Wort kommen lassen. YouTube wird von den meisten der hier betrachteten Parteien auch zum Archivieren von Reden und Parteiveranstaltungen genutzt. Dies ist eine spannende Quelle für Journalistinnen und Journalisten und womöglich auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Für gewöhnliche Wählerinnen und Wähler sind solche Videos meist jedoch eher uninteressant.