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Twitter hat in den letzten Jahren einige fragwürdige Strategien getroffen, hatte keine Nutzer und war zu kompliziert. Im Februar wurde das anders: Ein Interview hat Jack Dorsey sich wieder stärker auf die Kernkompetenzen von Twitter konzentrieren lassen. Neue Geheimwaffe: Threads.
Wieso braucht Twitter eine Renaissance?
Twitter steht aktuell wieder so gut dar wie lange nicht. Doch welche Entscheidungen haben Twitter zu einer Renaissance geholfen – und welche fragwürdigen Taktiken haben es erst nötig gemacht?
Twitter hat fragwürdige Strategien getroffen
Bis 2018 hatte Twitter noch nie Gewinn gemacht – 12 Jahre nach Gründung! Dann erstmals „bescheidene“ 91 Mio. US-Dollar Gewinn 2018 (Quelle Tagesspiegel). Twitter dümpelte jahrelang vor sich hin und niemand wusste so recht was mit dem Mikroblog anzufangen:
- 2012 Aufkauf von Vine (2017 eingestellt);
- 2015 Aufkauf von Periscope (aktuell ziemlich unscheinbar)
- 2016 fast Aufkauf durch Disney (Quelle Business Insider)
Twitter war da, aber keine wollte so richtig was damit zu tun haben.
Twitter hat kaum Nutzer
Laut unserer eigenen Daten im Social Media Universum hat Twitter nur knapp 1,8 Mio. Nutzer. Laut ARD-ZDF-Onlinestudie 2018 nutzen nur 4% wöchentlich bzw. 2,5 Mio. bei 63,3 Mio. Internet-Nutzern in Deutschland (Quelle).
Das ist wenig. International sieht die Lage anders aus:
Im letzten Jahr hatte Twitter Probleme mit den Nutzern. Viele sprangen ab oder kehrten der Plattform anders den Rücken. Das hatte verschiedene Gründe. Twitter hat es im ersten Quartal 2019 geschafft und den Trend gestoppt und sogar rückgängig gemacht. Doch wie? Welche Gründe gab es?
Twitter ist kompliziert
Die Registrierung ist eigentlich sehr simpel, aber alltägliche Nutzung und v.a. Konversation ist sehr kompliziert.
Beispiel: Im Februar 2019 gab es ein Tweet-Interview zwischen CEO Jack Dorsey und Kara Swisher von Recode, einem Podcastformat von Vox.com.
Kara musste irgendwann abbrechen und sich neu sortieren
jack on X (formerly Twitter): „Ok. Definitely not easy to follow the conversation. Exactly why we are doing this. Fixing stuff like this will help I believe. #Karajack / X“
Ok. Definitely not easy to follow the conversation. Exactly why we are doing this. Fixing stuff like this will help I believe. #Karajack
Sie schloss das Interview dann mit der Bitte um Wiederholung als Podcast, weil die Erfahrung bei Twitter keine gute war:
jack on X (formerly Twitter): „This thread was hard. But we got to learn a ton to fix it. Need to make this feel a lot more cohesive and easier to follow. Was extremely challenging. Thank you for trying it with me. Know it wasn’t easy. Will consider different formats! #Karajack / X“
This thread was hard. But we got to learn a ton to fix it. Need to make this feel a lot more cohesive and easier to follow. Was extremely challenging. Thank you for trying it with me. Know it wasn’t easy. Will consider different formats! #Karajack
Das Interview hatte Jack Dorsey wohl zum Nachdenken gebracht und einige Änderungen bei Twitter bewirkt.
Was hat Twitter getan für seine Renaissance?
Grund #1: Stärker auf Kernkompetenz konzentriert
Was ist Twitter im Kern? Im Social Media Universum beschreiben wir es so:
“Twitterer reden viel, aber sortieren heute häufiger ihre Gedanken in Threads. Sie lieben tiefsinnige, humorvolle und bissige Kommentare. Sie sind gut vernetzt in Politik, Presse und Publizistik; markenaffin und sind einflussreich.”
Nutzer diskutieren gern, also hat Twitter Threads gestärkt, hier am Beispiel:
DER SEMINAR Startup on X (formerly Twitter): „Was ist gutes Präsentieren? Wenn diese Sache fehlt, kick Prezi, Keynote & Co. in die Tonne! https://t.co/0D7nWib9CD (Thread) / X“
Was ist gutes Präsentieren? Wenn diese Sache fehlt, kick Prezi, Keynote & Co. in die Tonne! https://t.co/0D7nWib9CD (Thread)
Was sind Threads? Dzu ließen wir zitatweise unsere Kollegen vom Deutschlandfunk in ihrem Format Breitband zu Wort kommen. Unsere Definition:
Ein Twitter-Thread ist eine Reihung angeordneter Argumente. Es startet mit einem Tweet, in dem eine Ausgangsthese formuliert wird. Danach wird ein Thread-Hinweis gesetzt und auf den eigenen Beitrag geantwortet. Jeder folgende Tweet enthält dann ein Argument.
Grund #2: Big in Japan: Dort, wo Twitter funktioniert
Ein Land, in dem Twitter hervorragend funktioniert, ist Japan:
Gestartet 2011 für private Notfall-Kommunikation nach Tsunami und Fukushima-Reaktor-Katastrophe ist Twitter heute allgegenwärtiger Bestandteil der japanischen Gesellschaft
- Japanische Unternehmen erstellen Twitter-Accounts häufig noch vor den Websites,
- Schüler chatten mit Freunden oder abonnieren Künstler und Bands
- Anime-Fans posten ihre Twitter-Handles als QR-Code, um diese bei Conventions oder Events auszutauschen
- buddhistische Mönche posten Videos
- usw.
Yu Sasamoto, Twitters Japan-Chef, meinte in einem Bloomberg-Interview:
“We came into the market at the right time. Twitter started as a lifeline and morphed into the culture.” (Quelle Bloomberg)
Twitter kam zur richtigen Zeit, startete als Rettungsleine und wandelte sich zu einem Teil der Kultur.
Mit Stand 2019 ist Japan der zweitgrößte Markt nach den USA. Twitter ist hier größer als Facebook oder Instagram und ähnlich populär wie LINE (siehe Onlinegeister Nr. 4: Messenger).
Japanische Nutzer haben häufig mehrere Accounts, mit denen sie (so Kayvon Beykpour, Twitters Produktchef) verschiedene Aspekte ihrer Persönlichkeit ausdrücken möchten. So könnte eine Person einen Account fürs Berufsleben, einen für Musik und einen für Sport haben.
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